Russland: Kreml-Kritiker befürchtet „blutigen“ Bürgerkrieg

2022-11-16 14:31:32 By : Ms. Jennifer Zhou

Sollte es für Putin im Ukraine-Krieg nicht besser laufen, droht dem Kreml-Chef das Ende seiner Macht. Ein Oppositioneller sieht ein düsteres Szenario.

Moskau – Aufgrund seines bisher missglückten Feldzugs gegen die Ukraine steht der russische Staatspräsident stark unter Druck. Beobachter:innen im Westen streiten darüber, ob das Ende von Wladimir Putin bevorsteht. Wie es hinter den Kulissen des Kremls aussieht, ist unklar. Nun meldet sich ein Kritiker des Regimes zu Wort – er befürchtet einen „blutigen“ Bürgerkrieg in Russland.

Vor einem solchen Szenario warnt der frühere Duma-Abgeordnete und Menschenrechtsanwalt Mark Feygin. Laut dem Juristen, der bereits die Kreml-kritische Punkband „Pussy Riot“ vor Gericht verteidigt hat, droht nach einem möglichen Aus Putins im Amt des Präsidenten ein Konflikt zwischen verschiedenen Fraktionen innerhalb des Apparates, die auf die Macht schielen.

„Was passieren wird, hängt stark von der Art und Weise ab, wie dieser Krieg enden wird“, erklärte Feygin gegenüber Newsweek und fügte hinzu, dass die ukrainischen Streitkräfte Putin auch ohne die Rückeroberung der Halbinsel Krim zu Fall bringen könnten. Der Sturz des Kreml-Chefs werde schon bei einem etwas kleineren Erfolg wahrscheinlich: Sollte die Ukraine die besetzen Oblaste Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk befreien.

Es gebe einen Weg, wie Russland dann in eine relativ ruhige Zukunft blicken könnte. „Am einfachsten wäre es, wenn sich die Eliten innerhalb Russlands entscheiden und einen Nachfolger für Putin wählen würden, der mit dem Westen verhandeln und erste Rahmenbedingungen für die Beendigung (…) dieses Krieges schaffen könnte, um dann auch auf künftige Wahlen hinzuarbeiten“, sagte Feygin dem US-Magazin.

In einem solchen Szenario wäre der jetzige russische Ministerpräsident Michail Mischustin Top-Kandidat für das Präsidentenamt, so der Kreml-Kritiker. Mischustin agiert meist im Hintergrund, hält sich mit Drohungen gegen den Westen im Gegensatz zu seinem Chef und anderen Figuren der russischen Polit-Elite zurück. „Das ist höchstwahrscheinlich die bequemste Lösung für die Elite“, sagte Feygin.

Doch laut dem Menschenrechtsanwalt gibt es auch eine düstere Option für die Zeit nach Putin. Sollte sich der 70-Jährige trotz weiter steigendem Druck im Ukraine-Konflikt weigern, seinen Posten zu räumen, könnten sich die unterschiedlichen Fraktionen der Elite aufspalten. Mit verheerenden Folgen. „Die einen unterstützen Putin, die anderen unterstützen ihn nicht und versuchen, ihn zu stürzen“, skizziert Feygin. „Das könnte zu einem Bürgerkrieg führen.“

Auf der einen Seite sieht der Oppositionelle Söldner der Gruppe Wagner sowie die Truppen des Tschetschenenführers Ramsan Kadyrow, der für seine markigen Worte bekannt ist. „Im Grunde genommen sind sie seine Privatarmee, die er möglicherweise nutzen kann.“ Dem gegenüber würden Interessen der russischen Armee und des Inlandsgeheimdienstes FSB stehen. „Das wird sehr wahrscheinlich zu einem Szenario alle gegen alle führen. Und das könnte eine viel blutigere Sache werden.“ (tvd)